Gibt es etwas Faszinierenderes, als mit einem historischen Flugzeug in der Abendsonne über sanfte Hügel zu gleiten? Diese Faszination und der gute Zustand der über 80 Jahre alten AT-16 Harvard IIb motivierten Natascha Wirth (39) und Clemens Rüb (37) zur Restauration. Der rund fünfjährige Wiederaufbau wird durch den eigens gegründeten Verein U-328 organisiert. Mit Basis am Flugplatz Bleienbach (CH) wird die U-328-Crew dabei durch Produkte von MOTOREX beflügelt.
Ihre Herzen schlagen für dieselbe Leidenschaft: das Fliegen. So lernten sich Natascha (Underwriter Aerospace, Pilotin) und Clemens (Flugzeugmechaniker, Pilot) durch ein Restaurationsprojekt einer Harvard IV vor einigen Jahren kennen. Gemeinsam wurde die Maschine, eine von insgesamt fünf in der Schweiz verbleibenden, wieder flugfähig gemacht. Ein Erfolgserlebnis, das neben viel Freude auch wichtiges Know-how vermittelte und die Lust auf mehr weckte …
1948 kaufte die Schweiz vierzig überschüssige kanadische AT-16 Harvard IIb. Diese einst in den USA gebauten Militärflugzeuge dienten nach einer umfangreichen Revision und dem Umbau durch Schweizer Spezialisten als Trainingsflugzeuge für die Instrumentenflug-Ausbildung. Der hintere Teil des Cockpits konnte komplett abgedeckt und somit ohne visuelle Orientierungshilfe der reine Instrumentenflug simuliert werden. Die Maschinen wurden fast zwanzig Jahre lang genutzt, bevor sie 1966 durch die modernere Pilatus P-3 ersetzt wurden. Die U-328 überlebte den Schrottplatz und wurde für Ausstellungszwecke umgebaut. Bis 2015 war sie im Fliegermuseum Dübendorf (CH) zu bestaunen und landete dann durch glückliche Fügungen beim Hunterverein Obersimmental. Der Verein U-328 wurde für den Wiederaufbau und den späteren Flugbetrieb gegründet.
Der Wiederaufbau der U-328 verfolgt das Ziel, das Flugzeug wieder flugfähig zu machen und so originalgetreu wie möglich zu erhalten. Gleichzeitig soll wertvolles Wissen über historische Militärflugzeuge weitergegeben und ein Stück Kulturgut bewahrt werden. Mit dem Projekt wird auch die Faszination für die Luftfahrt und technische Berufe generationenübergreifend geteilt. Die vielfältigen Arbeitsschritte bieten dabei ein überraschend breites Spektrum, um berufliches Wissen anzuwenden und zu erweitern – ein Ansatz, der selbst junge Menschen zu begeistern weiss. So gehören neben erfahrenen Berufsleuten auch junge Automatiker, Avioniker und Elektroniker zum Wiederbelebungsteam.
«Die Maschine war glücklicherweise bis auf wenige Teile komplett», weiss Natascha neben dem in der Zwischenzeit grösstenteils zerlegten Flugzeug stehend zu berichten. Um die 30 000 Einzelteile soll die Maschine haben. Auch sind Ersatzteile für das einst in grossen Stückzahlen gebaute Flugzeug noch recht gut erhältlich. Transportiert wurde die U-328 im Frühling 2024 aus dem Museum per Sattelschlepper und mit demontierten Flügeln. Dabei stellte sich für Clemens sofort die Frage der Konservierung. Der Rumpf besteht aus einem Rohrrahmen aus Stahl, welcher mit Aluminiumblechen für den Flugzeugbau vernietet ist. Die passivierte Oberfläche verleiht dem Flugzeug den charakteristischen leicht gräulichen Look vergangener Zeiten. Damit während der Restauration die Oberflächen vor äusseren Einflüssen geschützt sind, suchte er ein gut anhaftendes Schutzfluid. Dieses durfte nicht verklumpen, wie z. B. Wachs, und musste einen leichten, staubtrockenen Schutzfilm bilden, der sich wiederum gut entfernen liess.
Der Technische Kundendienst von MOTOREX konnte weiterhelfen und lieferte mit INTACT MX 50 einen polyvalenten Alleskönner. Dieser eignet sich sowohl zur Reinigung als auch als Schutz für Metalloberflächen. Die Restauration der Flügel mit einer Gesamtspannweite von 12,8 Metern ist laut Clemens die grösste Herausforderung. Sie sind mit Aluminium beplankt, sprich vernietet und teilweise nur mit Gewebe bespannt. In den Flügeln befinden sich auch die Tanks und die Aufbockaufnahmen. Da die Flügel nicht geöffnet werden sollen, hat INTACT MX 50 die Aufgabe, diese auch von innen durch einen leichten, jedoch wirksamen Film, der Wasser unterwandert und so nachhaltig Korrosion durch Feuchtigkeit verhindert, zu schützen. Des Weiteren kommen Sprays wie SILICONE, GREASE SPRAY und POWER CLEAN zum Einsatz. Für die Schmierung der Radlager und verschiedener Schmierstellen verwendet Clemens überzeugt FETT 2000. Und das gleich für verschiedene historische Flugzeuge, die er betreut. «Es haftet sehr gut an, ist druckresistent und äusserst wasserbeständig. So wasserbeständig, dass ich es auch für die eingebauten Räder in den Schwimmern eines Wasserflugzeugs einsetze.»
Die Luftfahrt stellt spezifische Ansprüche an die eingesetzten Schmier- und Betriebsstoffe. Als die U-328 in den 40er-Jahren gebaut wurde, orientierten sich die Ingenieure an den besten damals auf dem Markt erhältlichen Produkten. Doch eben, das war vor über 80 Jahren. Heute sind es die Spezialisten wie Motorenbauer, die genau wissen, welches Motorenöl für eine historische Maschine oder welches Fett für den Propeller verwendet werden kann. Als zertifizierter Flugzeugmechaniker weiss auch Clemens Rüb, was wie gereinigt, geschmiert und konserviert werden will. Er übernimmt gegenüber dem BAZL (Bundesamt für Zivilluftfahrt) bei der Wiederinbetriebnahme die Verantwortung. Die Prozedur einer Flugzeugrestauration ist komplex und wird mit Tausenden von Fotos, akribisch geführten Revisionsund Prüftabellen Schritt für Schritt dokumentiert.
Die starke Motorisierung zeichnet viele Militärflugzeuge aus und steht für fliegerisch hohen Spassfaktor. So auch bei der AT-16 Harvard IIb. Sie ist mit einem Triebwerk von Pratt & Whitney mit dem Spitznamen «Wasp» (Wespe) des Typs R-1340 AN-1 ausgerüstet. Der luftgekühlte 9-Zylinder-Einfachstern-4-Takt-Motor hat einen Hubraum von gewaltigen 22 Litern, wiegt nur 401 Kilogramm und weist eine Nennleistung von 550 PS bei 2200 min–1 auf. Die Antriebsleistung wird über eine unterarmdicke Kurbelwelle direkt auf den verstellbaren 2-Blatt-Propeller mit einer Länge von 2,75 Metern abgegeben. Motor und Propeller werden zu einem späteren Zeitpunkt durch Fachbetriebe überholt und sind danach für weitere 1000 Flugstunden gewappnet. Dazu hat der Verein rund 125 000 Franken budgetiert, womit man wieder auf dem Boden der Realität gelandet wäre.
Das Projekt verlangt viele Fähigkeiten von den Akteuren. Neben Fachwissen ist sicherlich viel Ausdauer gefragt. Sieht man, wie akribisch die Restauration vonstattengeht und -gehen muss, wird es die anberaumten fünf Jahre dauern, bis die U-328 das erste Mal neue Lebenszeichen von sich geben wird. Doch Eile ist nicht angesagt, denn die fachgerechte Restauration ist für alle Involvierten das Filetstück des Projekts. Einmal am Himmel, entschädigt die legendäre AT-16 mit dem Luftfahrtkennzeichen U-328, die einst zu einem Museumsdasein verurteilt war, für all die überstandenen Strapazen.